GOD´S OWN COUNTRY

Ich schreibe aus meiner Erinnerung, wie soll man es auch sonst machen.

Ich schaue mir den Film nicht nochmal an, sondern beschreibe, was hängen geblieben ist. Ein Mann ist hängengeblieben. Ganz fest, ein Mann der aufbricht, dessen Seele man kennenlernen darf, obwohl er sich bis dahin größte Mühe gegeben hat diese Seele zu verschließen, hinter Schloss und Riegel. Ein Mann der ganz weich wird, obwohl er erst so hart ist. So steinhart. Ein junger Bauer, ich glaube in Schottland, der sich jeden Abend so besäuft, dass er kaum noch laufen kann. Der sich dem harten Regiment seines Vaters unterordnen muss. Früh morgens aus seinem Suffkoma erwacht, als hätte ihm jemand mit der Schaufel eins drüber gezogen, das Arbeiten beginnt, irgendwie den Tag überlebt, um sich Abends wieder einen reinzustellen und sich vielleicht auf dem Klo von dem einzigen anderen Schwulen in dieser Gegend einen blasen zu lassen.

Schwul zu sein auf dem Land, kann echt ‘ne Nummer sein, einfach, weil es niemanden gibt, den man daten kann, es gibt niemanden mit dem man Sex haben kann, dort wo er wohnt, hat er wahrscheinlich Glück, wenn im Umkreis von 50km noch zwei andere Schwule wohnen und dann ist die Wahrscheinlichkeit, dass die seinem Geschmack entsprechen, auch wirklich nicht besonders hoch. Es kommt ein rumänischer Arbeiter auf den Hof, den Rest der Geschichte muss ich wirklich nicht erzählen. Johnny, der junge Bauer hat sich eine Schale antrainiert, dass auch nur der Funken eines Gefühls, der Funken von Sensibilität in ihm steckt, mag man sich in seinen kühnsten Träumen nicht ausmalen. Und dann darf man erleben wie er sich öffnet. Ganz langsam holt er seine Seele hervor, oder besser, sie wird ihm hervorgeholt.

Was war nicht alles unter dem Alkohol und wahrscheinlich seiner Einsamkeit vergraben. Was muss man sich für seine Vorurteile schämen, vielleicht hatte man sogar etwas Angst oder Respekt vor ihm, wie der da steinhart über den Bauernhof stapft. Und wie sehr freut man sich, dass man alles um die Ohren gehauen bekommt, was man sich über Männlichkeit so gedacht und zusammengeschustert hat im Laufe seines Lebens.

Meine Güte, wie schön ist schwul sein.